Georgien – Armenien
Suche nach dem Paradies
Diese Multivision wurde zusammen mit Hildegard Wolf produziert. Der Blick der AutorInnen ist auf die Kultur, die Mythologie, den Alltag und die soziopolitische Lage von Georgien und Armenien gerichtet. Seit Jahrtausenden bilden diese beiden Länder eine Schwelle zwischen Orient und Okzident. Sowohl europäische als auch zentralasiatische Einflüsse prägen den Alltag und die Kultur beider Länder im Kaukasus. Das Christentum konnte sich in diesen beiden Ländern schon früh entfalten. Beispiellos lassen sich die frühen Spuren des Christentums heute noch erkennen. Die politische Selbstständigkeit hat ein Vakuum an Sinn hinterlassen. Beide Länder befinden sich auf der Suche nach Identität befinden. Diese Suche nach Sinn, vergleichbar einer Suche nach dem Paradies, bildet die Metapher, um diese beiden Länder im Rahmen einer achtteiligen Multivision-Schau zu präsentieren. Die Erlebnisse sind in einer Musik-Bild-Montage verdichtet, die ergänzt werden durch Live-Kommentare.



Nach dem Gründungsmythos der Georgier vergass Gott beim Verteilen der Erde die Georgier. Nachdem Gott diesen Irrtum bemerkte gab er ihnen das Land, das er eigentlich für sich vorgesehen hatte. Daher leben die Georgier in einem der schönsten Länder der Erde. Jeder Besucher kann diese Selbsteinschätzung bestätigten. Wie kaum ein anderes Land ist Georgien reich an vielfältigen Landschaften. Oft war Georgien von mächtigen Nachbarn (Persien, Türkei, Russland) besetzt. Deren Spuren sind insbesondere in Tblissi, der Hauptstadt von Georgien, heute noch zu sehen. Besonders eindrucksvoll ist die osmanische Badekultur sowie die Architektur der Häuser in der Altstadt. Im ersten Teil der Schau werden die Sehnsuchtshorizonte gezeigt, die mit dem Begriff „Tradition“ in Verbindung stehen.
Von einzigartiger Faszination ist das Kaukasusgebirge. Archaisch und noch tief geprägt von alten Traditionen ist Swanetien. Die Dörfer sind geprägt von hohen Türmen, die wegen der Blutrache gebaut wurden und den einzelnen Familien als Schutz und Rückzugsraum dienten. In Colasi feiern die Einheimischen ein sogenanntes christliches Heiligenfest, dessen Ritus tief von archaischen Traditionen durchdrungen ist. Dieses Gebiet ist im Winter fünf Monate nicht erreichbar. Auf der georgischen Heerstraße passiert man die alte Kirchenfestung Ananuri und gelangt vor dem Gebirgskamm zu dem Wahrzeichen Georgiens, der Kirche Zminda Sameba, die wunderschön in die Landschaft integriert ist. Besondere Geheimnisse birgt Chewsuretien. Die Landschaft ist urwüchsig und die alten Dörfer (Schatuli, Mutso) strahlen einen beispiellose Atmosphäre aus.



Bereits im 4. JH wurde nach der Legende Georgien von der heiligen Nino christianisiert. Bei dem Bau der ersten Kirche in Mzcheta (Sveti Zochoweli), wurde nach dem Mythos eine lebensspende Säule verwendet, die ein symbolischer Ausdruck des Lebensbaumes ist. Dieses Motiv ist als Ornament auf den Aussenfasssaden bei sehr vielen Kirchen zu sehen. Es ist sowohl ein christliches Symbol (es erinnert an das Kreuz Christi und damit Tod und Wiedergeburt) als auch ein archaisches Natur-Symbol. Die spektakulären Höhlenklöster von Wardzia und David Goredza, der fernöstlichste Vorposten des historischen Christentums, verweisen auf die in Georgien seit dem 12. Jahrhundert belegte Tradition, tief in den Felsen Mönchsklausen und Kirchen zu bauen. Maßgeblich geprägt wurde Georgien von David dem Erneuerer (1089-1125).
Die Gründung der Akademie von Gelati, die den Ausgangspunkt der georgischen Kultur bildete, leitete ein „goldenes Zeitalter“ für Georgien ein. Die Kreuzkuppelkirche ist der vorherrschende Baustil. Die Innenräume sind mit prächtigen Gemälden ausgestaltet. Die künstlerische Nähe zur griechischen Kultur (Berg Athos) ist erkennbar. Auch der Ritus des georgischen Christentums ist an den griechisch-orthodoxen Glauben angelehnt. Besonders hervorzuheben sind die Kirchen von Gelati, Nikordzminda und Kinzwisi (hier kann man das kunsthistorisch bedeutsame Kinzwisi-Blau sehen). Seit der Wende suchen immer mehr Georgier Kraft im Glauben. Sie erinnern sich daran, dass mit Hilfe des christlichen Glaube das Land seit Jahrtausenden seine nationale Identität bewahrt hat. Zugleich wehrt sich aber die Orthodoxie gegen eine Öffnung hin zur Moderne.




Die Ursrpünglichkeit von Armenien hat sich vor allem im Süden des Landes bewahrt. Biblische Landschaften, alte Karawansereien, antike Brücken, und Relikte geben Einblicke in die jahrtausendealte Geschichte des Landes Die Zoratsteine (Sternwarte aus der Megalithzeit) befindet sich in der Nähe von Sissian. Chendoresk, eine altes Dorf, dessen Wohnungen in den weichen Tuffstein gehauen wurden, ist längst verlassen. Gleichwohl gibt das alte Dorf einen glänzenden Eindruck von den archaischen Lebensverhältnissen in Armenien an der Grenze zum Iran. Petroglyphen und Widderfiguren belegen, dass es sich um ein uraltes Kulturgebiet handelt. Die Spuren der Antike finden sich in Garni. Ein hellenistischer Mithras-Tempel steht majestätisch auf einem Basaltfelsen, direkt daneben befindet sich ein römisches Badehaus.
Eine der dunkelsten Kapiteln der armenischen Geschichte ereignete sich zwischen 1915-1917. Bei Massakern und Todesmärschen wurden 1,5 Mill. Armenier getötet oder in den Tod getrieben. Bis heute weigert sich die türkische Regierung die damaligen Ereignisse als Völkermord zu bewerten. Das Mahnmal Tsitsernakaberd in Eriwan erinnert an diese Tragödie. Die Ruinen von der ehemaligen armenischen Hauptstadt Ani und viele Kirchen, wie z.B. Akthamar auf dem Vansee belegen, dass große Teile Ostanatoliens früher Besiedlungsgebiet der Armenier war. Bis heute umstritten und umkämpft ist die Enklave Bergkarabach, die ursprünglich Siedlungsgebiet der albanischen Kaukasier war und seit dem 19. JH von Armeniern besiedelt war. 2023 wurde das Gebiet von Aserbaidschan in Besitz genommen und die Armenier wurden aus diesem Gebiet vertrieben.



Bereits im Jahre 315 war das Christentum in Armenien Staatsreligion. Die Religionsgründung geht auf Gregor den Erleuchteten, dem Lehrer von Armenien, zurück. Armenien ist somit das erste Land in dem das Christentum Fuß fasste. Die sonntäglichen Eucharistiefeiern in der Kathedrale von Etchmiadsin geben einen eindrucksvollen Einblick in die tiefe Gläubigkeit der Menschen. Während in Georgien der Bezug zur Natur in die Religion integriert wird, wird beim armenischen Christentum ein Drang in die Tiefe, das Dunkel erkennbar. Die geistige Kultur Armeniens findet „unterirdisch“ statt. Die meisten Innenräume der Kirchen sind dunkel. Vor dem Heiligtum befindet sich der Gawitt, eine Versammlungshalle, in der früher alle nichtreligiösen Dinge geregelt wurden. Die Hauptgebäude bestehen aus einer Kuppel mit vier Stützen auf kreuzförmigem Grundriss,
angeregt durch die Feuertempel des Zoroastrismus. Die Gebäude wirken dadurch würfelförmig. Dieses architektonische Prinzip ist den persischen Feuertempeln entlehnt. Die Kirchengebäuden gelten als Vereinigung zwischen Himmel und Erde. Aus dem Dunkel, der Höhle wendet sich der Gläubige zu Christus. Oft stehen die Kirchen (Hovhanavank, Sarmossavank) und Klöster (Tatev, Noravank) Schluchten. Auch hier wird der Bezug zur Unterwelt deutlich erkennbar. Großartige Beispiele der christlichen Kultur finden sich in den Klöstern Haghbat, Sinahin, Geghard und das architektonische Kleinod Noravank. Von traumhafter Schönheit ist der Blick auf das Kloster Chor Virap mit dem heiligen Berg der Armenier, dem Ararat als Hintergrund. Beispiellos ist die Kultur der Kreuzsteine, deren schönsten Exemplare in Noradus am Sewan-See stehen.



