Äthiopien

Ursprung traditioneller und christlicher Kulturen

Äthiopien ist ein Vielvölkerstaat mit 90 verschiedenen Stämmen. Im Süden leben noch viele archaische Stammesgesellschaften weitgehend unberührt von der modernen Gesellschaft. Im Osten leben moslemische Volksgruppen, deren Kultur an den Traditionen von Somali orientiert ist. Das Zentrum und der Norden ist weitgehend christlich geprägt. Landschaftlich gibt es Wüstengebiete, Savannen und Hochgebirge (Semiengebirge). Äthiopien ist das Ursprungsland des Kaffee und verschiedener Getreidearten, wie Teff, oder die Rote Zierbanane. Prof. Dr. Franz Josef Röll hat sowohl den Süden, den Osten und den Norden des Landes bereist und hat seine vielfältigen Eindrücke zu einer stimmungsvollen symphonischen Montage verdichtet. Die vielfältigen Facetten des Landes, die Urzeit der Menschheit, die Geschichte Äthiopiens, die Kultur, Religion und Lebenswelt dieser Region sowie die faszinierende  Landschaften werden somit dramaturgisch durch eine Montage von Bild und Ton verknüpft. Die audio-visuellen Passagen werden mit Life-Kommentaren begleitet. 

In der ersten Sequenz wird ein Einblick in die Frühgeschichte von Äthiopien gegeben. Südlich von Adis Abeba liegt Melka Konture. In diesem Gebiet gibt es Zeugnisse aus prähistorischer Zeit, darunter Steinwerkzeuge und versteinerte Fußabdrücke von Frühmenschen. Die Legoda Caves verweisen ebenfalls auf frühe Zivilisationen in diesem Gebiet. Kaum bekannt sind die frühzeitlichen Felsskulpturen in Shebe. Sie sind spektakulär an einem Felsen angebracht. Zu den rätselhaftesten Funden gehören die Grab-Stelen von Tiya (Weltkulturerbe). Ebenso faszinierend sind die schwer zu findenden bemerkenswerten Steinstelen von Tutofela. Es handelt sich um ein Gräberfeld mit vielen anthropomorphen und phallischen Stelen. Die älteste Schicht stammt aus dem 10. Jahrhundert.

Die Besonderheit des Südens liegt an der vielfältigen und eindrucksvollen Natur und vor allem an den unterschiedlichen Stämmen, die weitgehend noch ihrer Traditionen bewahrt haben. In drei Sequenzen werden Natur (Awasa-See, Ziway-See, Mago-Nationalpark, Terrassenlandschaft der Konso, „New York“-Erosionen, Savannenlandschaft von Turmi). Lebenswelt und Körperdarstellungskultur der Arbore, Ari, Benna, Dassanath, Dorze, Hammer, Konso und der Mursi miteinander verknüpft. Die authentischsten Stämme leben im Gebiet des Omo-Flusses. Thematisiert wird auch die Rolle des Tourismus, der einerseits begünstigt, dass die Lebenswelt der Stammesvölker bewahrt bleibt, gleichzeitig kommt es zu grenzwärtigen Begegnungen zwischen Archaik und Moderne.

Dire Dawa hat neben Addis Abeba als einzige Stadt die Bedeutung eines Stadtstaates. Sie wurde erst 1902 gegründet. Es ist der zentrale Handelsplatz für die Waren aus dem Osten. Berühmt ist der Somalimarkt in Dire Dawa. Früher war Harar der wichtigste Handelsort am Horn von Afrika. Harar hat seit der Gründung von Dire Dawa eine geringere Bedeutung . Dennoch hat die Stadt ihren Charakter nicht verloren hat. Alt-Harar war und ist seit dem 10 Jahrhundert das islamische Zentrum in Äthiopien. Über 82 Moscheen und Gebetsräume gibt es in der Altstadt, 102 Schreine befinden sich innerhalb der Stadtmauern. Die Jami-Moschee wurde im 16. Jahrhundert errichtet. Bis 1875 war es Nichtmuslimen nicht erlaubt die Stadt zu betreten. Besonders beeindruckend sind die farbigen Gassen und die traditionellen Häuser der Harari.

Spätestens seit dem 9. Jahrhundert beeinflussten die Sabäer die ansässige Kultur, Sprache und die Religion. Durch die Vermischung mit ihr entstand eine neue Kultur, die Kultur der Axumiter. Erst etwa 345 n.Chr. führte König Ezana das Christentum als Staatsreligion ein. Das axemutische Reich war somit das dritte christliche Land der Welt. In seiner Blütezeit umfasst das axumitische Reich das heutige Nordäthiopien, Eritrea, Nordostsudan und die südliche Hälfte der arabischen Halbinsel. Die beeindruckenden Stelen, die Grabmäler, die Paläste sowie das Kirchenareal künden bis heute von der Pracht und Bedeutung, die Axum hatte. Ganz in der Nähe von Axum liegen die Semienberge, die vier Florazonen aufweisen und in der das Alltagsleben der Blutbrustpaviane beobachtet werden kann. Spektakulär ist die Abbruchkante des Rift Valley.

Ein neues Machtzentrum etablierte sich Ende des 9. Jahrhunderts, die sogenannte Zagwe-Dynastie. In dieser Zeit entstand die Tradition, Kirchen aus dem Fels zu schlagen. In Lalibela sollte ein neue Pilgerstätte entstehen, das „afrikanische Jerusalem“. Alle Kirchen wurden als Monolithen von oben nach unten aus der umgebenden Felsformation herausgearbeitet. Jede Kirche weist eine unverwechselbare Architektur auf, sie beziehen sich u.a. auf griechische Tempel und axumitische Paläste. Im nördlichen Tigray liegt das Kloster Debre Damo, ein Beispiel für auf hohen Felsen errichteten Kirchen, die nur mit großer Mühe (Seil) erreicht werden können. Bei Debre Damo handelt es sich vermutlich um das älteste noch existierende Kloster von Äthiopien. Der Ursprung der Höhlenkirche Neakuto ist noch älter, da es ursprünglich ein Quellheiligtum war.

Im 16. Jahrhundert beeinflussten die Portugiesen die Architektur von Kirchen und Palästen sowie die religiöse Malerei. Bereits seit dem 14. Jahrhundert wurde die Rundkirche zum vorherrschenden Kirchenmodell. Bedeutsam war, dass Kaiser Susenios (1607-1632) zum Katholizismus bekehrt wurde. Aber bereits sein Sohn Fasilidas verbot 1634 den Katholizismus. Kaiser Fasilidas machte Gondar zu seiner Hauptstadt und begründete ein bedeutsames Zeitalter der äthiopischen Kunst, auch die Literatur und die Malerei erlebte eine Blütezeit. Eindrucksvoll belegen dies die Palastruinen der äthiopischen Kaiser (Gemp) mit ihrer Stilmischung aus portugiesischen, indischen und maurischen Einflüssen sowie die Ruinen des Palastes der Kaiserin Metawab (Kusquam-Areal) und das Wasserschloss des Kaisers Fasilidas.

Die moderne Kaiserzeit Äthiopiens beginnt 1855 mit der Machtergreifung durch Kaiser Thewodros II. Zur prägenden Kraft im 19 Jahrhundert wurde Kaiser Haile Selassie. 1974 wurde die Monarchie in Äthiopien abgeschafft. Ein kultureller Höhepunkt von Addis Abeba ist die Selassie Kathedrale (Dreieinigkeits-Kathedrale). Als Symbol der Selbständigkeit dienen Innenaufnahmen der Africa Hall, der Konferenzhalle, die 1963 von 32 afrikanischen Staaten gegründeten Organisation für die Afrikanische Einheit (seit 2002 Afrikanische Union). Bereits seit dem 6. Jahrhundert (axumitisches Reich) war Kaffee in Äthiopien verbreitet. Bis heute kommt dem Kaffeegenuss eine besondere Bedeutung zu. Genau genommen wird in Äthiopien kein Kaffee gekocht, er wird zelebriert und auch der Genuss des Kaffee hat den Charakter eines Rituals.

Wie bedeutsam die Vergangenheit die Gegenwart Äthiopiens bestimmt, lässt sich bei den Feiern des Timkat-Festes erkennen. Timkat erinnert an die Taufe Jesu im Jordan durch Johannes der Täufer. Das Timkat-Fest verbindet zugleich es religiöse Praktiken mit traditionellen Bräuchen. Für die äthiopisch-orthodoxe Kirche hat das Fest eine tiefgreifende kulturelle und spirituelle Bedeutung, es symbolisiert die Offenbarung von Jesus als Gottes Sohn. Bei den feierlichen Umzügen, die von Gebet, Musik und Gesang begleitet werden, tragen die Priester die Tabot, das sind Nachbildungen der Bundeslade. Der Höhepunkt des Festes ist die Segnung des (Tauf-) Wassers. Danach kommt es zu ekstatischen rituellen Tauchungen und Besprengungen. Dies symbolisiert die Reinigung und Erneuerung der Gläubigen.