Vorlesungen - WS 1999/2000
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Computer in der sozialpädagogischen Praxis Nahezu unmerklich strukturieren Computer(programme) unsere Aneignung von Welt. So erhalten z.B. Multimedia- und Internettools eine immer größere Bedeutung in der Wissensvermittlung. Experten prognostizieren, daß die mit den interaktiven Medien verbundenen anderen Lernformen (u.a. Hypertext, Interaktivität, Nutzerorientierte Plattformen) unsere Kommunikationsformen und damit auch die Lehr- und Lernformen der Pädagogik (und damit auch der Sozialpädagogik) verändern. Die Kommunikationsstruktur der Erziehung wandelt sich von dem bisher dominierenden Theater- hin zu einem Netzmodell. Die klassische Rolle des Pädagogen steht zur Disposition, gefragt wird der Pädagoge, der sich nicht alleinig als Experte definiert, sondern insbesondere seine Potentiale als Navigator zur Verfügung stellt. Die Befähigung zum Lernen des Lernens wird relevanter als die Wissensaneignung. Im Verlauf des
Semesters werden Computerpädagogische Konzepte vorgestellt und diskutiert
und dabei an konkreten Projekten erfahren, wie sie die neue rolle des
(Sozial-)Pädagogen aussehen könnte. Am Beispiel u.a. des Palace-Konzeptes
des Wannseeheims Berlin, des Kling-Klang-Kloing-Projektes der Akademie
Remscheid, der Zickenpost aus Düsseldorf, der virtuellen Jobbörse des
Jugendhilfswerks Freiburg, des Frankfurter/Offenbacher Internetjugendnetzprojektes
werden Modelle interaktiver Aneingung virtueller Kommunikationswelten
erfahrbar gemacht.
Virtuelle Kinderstadt(teil)pläne Das aktuell zentrale Reizwort bei Politikern lautet Partizipation. die gewünschte Teilhabe an gesellschaftlicher Verantwortung kann allerdings nur gelingen, wenn die unterschiedlichen Partner sich verständigen können. Wer in der Zukunft teilnehmen will am gesellschaftlichen Diskurs und damit handlungsfähig sein will in Politik, Wirtschaft und Alltag bedarf der Kompetenz in der jeweils herrschenden kommunikativen Ausdrucksweise. Es gibt einige erst zu nehmende Hinweise, daß die Befähigung im Umgang mit alphanumerischer Kommunikation mit hoher Wahrscheinlichkeit zur Ausgangsbedingung der partizipativen Teilhabe in der politischen und beruflichen Zukunft gehören wird. Das Seminar
"Virtuelle Kindestadteilpläne" intendiert die Kompetenzerfahrung individuelle
virtuellen Stadt(teil)pläne erstellen zu können. Dabei ist nicht an
sogenannten objektiven Erkenntnissen gedacht. Ausgehend von einer Plattform,
der Selbstdarstellung eines Kinderhauses, einer Kinderinitiative, eines
Kindervereins (z.B. Verein für ausländische Kinder, etc) entwickeln
Kinder ihre eigenen, individuellen Stadtpläne. Sie recherchieren mit
einer digitalen Kamera in ihrem Stadtteil nach geheimen Plätzen, gefährlichen
Stellen, ihren Lieblingspunkten, sozialen Treffpunkten, bearbeiten diese
Aufnahmen mit digitaler Software und präsentieren das Ergebnis auf einer
Multimediaplattform (CD). Im kommenden Semester werden diese Erfahrungen
in Kinder- und Jugendhäusern als Praxis-Projekt angeboten.
Medienpädagogische Methoden in der Sozialpädagogik Medien durchdringen den Alltag nicht nur von Kindern und Jugendlichen. Unser gesamtes Wissen, so der Soziologe Niklas Luhmann, basiert auf Medienerfahrung. Das in der Gesellschaft jeweils dominante Medium erhält eine Leitfunktion. Heute bestimmt der Fernseher als auch der Computer unsere Kommunikationkultur. Kinder- und Jugendliche werden somit duch audiovisuelle und alphanumerische Medien sozialisert. Obwohl bereits offensichtlich ist, daß durch die Dominanz der Medien sich die Lernbefähigung und Lerndisposition wandelt und somit Seh- und Wahrnehmungsweisen einem Wandel ausgesetzt sind, fällt es den klassischen Bildungsträgern, wie z.B. der Schule schwer, neue, den sich veränderten Bedingungen angepaßte Lernmethoden zu entwickeln. Auch die Sozialpädagogik steht vor der Herausforderung, konzeptionell auf die durch Medien induzierten Veränderungen zu reagieren. Im Verlauf des
Semiester werden handlungsorientierte visuell-ästhetische Modellprojekte
vorgestellt und diskutiert. Dabei geht es um Darstellung des Konzeptes
der "Pädagogik der Unschärfe", bei dem der Umweg (der sogenannte Fehler)
die Zielorientierung bildet. Methoden des Mindmappings und des Clusterdenkens
zeigen wie das kreative Denken unsere rechten Gehirnhälfte aktiviert
werden kann. Beispiele aus dem Low-Medien-Bereich (u.a. Tesafilm-Dias,
Sofortbilddias, Fotobatik, Comic malen) demonstrieren, daß aktuelle
Medienarbeit keineswegs nur mit High-Tech Medien zu leisten ist. Am
Beispiel der allgemeinen Gesundheitserziehung, Sexualerziehung, der
AIDS- und Sucht-Prophylaxe werden konkrete Projekte nicht nur vorgestellt.
Die unterschiedlichen Methoden sollen weitgehendst selbst ausprobiert
werden.
(Pop-)Musik erschließt bei Jugendlichen ein weites Feld ästhetischer Erfahrung in der lebensweltlichen Wirklichkeit. Die neue Pop- und Rockmusikströmungen seit den 50er Jahren haben nicht nur zu einer Neuordnung des kulturellen Territoriums in modernen Gesellschaften geführt, sondern auch zu neuen Wahrnehmungsformen. Das Pop-Teritorium durchlagert unsere Gegenwartskultur und hat damit alte Hierarchien in Frage gestellt. Ein wesentlicher Effekt ist die Amalgamisierung, die Auflösung von hochlegitimierter und niedriglegitimierter Kultur. Ein weiterer Effekt ist das Prinzip der Bricolage und die Sampling Technik, die Neuanordnung und Rekontextualisierung von Objekten, Tönen und (Lebens-)Stilen (z.B. Punks, Hip Hop, Techno). Im Verlauf des
Semesters soll gezeigt werden wie seit den Fünfziger Jahren bis heute
Musik bei Jugendlichen als Symbol von Lebensausdruck Gestalt erhält.
In Verbinundung mit der Musik werden die grundlegenden jugendkulturellen
Entwicklungen der letzten Jahrzehnte und den entsprechenden sozialpolitischen
Bezügen aufgezeigt. Vom Rock n' Roll, über den Rythm' Blues, den Beat,
den Rock, Heavy Metal, Hip Hop und Techno werden Musikstile vorgestellt
und deren Bezüge zur Identitätsbildung für Jugendliche und deren jeweilige
Subkultur erarbeit.
Grundlagen der Wahrnehmung - Wie kommt die Welt in den Kopf Medien wirken vor allem wegen ihrer Fähigkeit, grundlegende psychologische und emotionale Botschaften zu vermitteln. Im wesentlichen werden diese Botschaften über die dominanten Wahrnehmungsorgane Auge und Ohr transportiert. Je weniger die Kriterien und Funktionsweise dieser Wirkungsmechanismen bekannt sind, um so wahrscheinlicher ist die Möglichkeit einer Manipulation oder Beeinflussung. Je bedeutsamer die (emotionalen) Botschaften im Diskurs der Medien werden desto wichtiger wird die Notwendigkeit einer (medialen) Wahrnehmungsschulung. Im Verlauf des
Semesters sollen aktuelle Theorien, Methoden und Forschungsergebnisse
der Wahrnehmungspsychologie zur Diskussion gestellt werden, um zu einer
komplexeren und kompetenteren Beurteilung von Medienprodukten zu gelangen.
Mit Hilfe eines Grundlagentextes (Günther Kebeck; Wahrnehmung, Weinheim
und München 1994) und ergänzenden Medienanalysen werden Kenntnisse über
den Aufbau und die Funktion unserer Wahrnehmungsorgane (Auge, Ohr, Nase,
Geschmack, Tastsinn), die Gesetze der Informationsverarbeitung und die
grundlegenden Organisationsprinzipien der Wahrnehmung (Konstanzphäno-men,
Wahrnehmungstäuschungen, Gestaltgesetze, motivationale Faktoren, kulturelle
Einflüsse, perzeptuelle und konzeptuelle Verarbeitung) vermittelt. Ebenfalls
wird auf die Ergebnisse der Kognitionsforschung eingegangen.
Das Geheimnis des erfolgreichen Films Der amerikanische Mythenforscher Campbell untersuchte die bedeutendsten Mythen aller Völker und verglich sie miteinander. Dabei stellte er fest, daß sich bestimmte Muster bzw. Strukturen bei allen Völkern wiederholen. Diese Muster nannte er Monomythen. Hollywood, so u.a. Steven Spielberg, George Lucas und James Cameron setzten sich bewußt mit diesem Konzept, der sogenannten inneren Reise des Helden auseinander und professionalisierten in Folge das schon vorhandene mythische Konzept der Filmgestaltung. Nahezu alle der 50 am meist besuchtesten Spielfilme sind nach diesem Konzept konstruiert. Der Erfolg des Mainstreamkinos ist somit keinesweg ein Zufall. Im Verlauf des
Semesters werden die 12 Phasen der Heldenreise (u.a. Lebensalltag, Berufung,
Weigerung, Übertreten der Schwelle, Annäherung an das Geheimnnis, Tod
und Wiedergeburt ...), die diesem Konzept zugrunde liegen, anhand vielfältiger
Beispiele aus unterschiedlichen Genres belegt. Die Strukturen dieses
Konzeptes sind den Zuschauern nicht bewußt, es handelt sich um sogenannte
Subtexte, eine visuell-ästhetische Botschaft, die ihre emotionale Wirkung
'hinter dem Rücken der Zuschauer' realisieren kann.
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