In
einer symphonischen Montage von Bild und Ton verbunden mit Live-Kommentaren
präsentiert Prof. Dr. Franz Josef Röll bekannte und unbekannte
Einblicke in die Kultur, Religion, Landschaft und Lebensalltag eines
faszinierenden Landes. In zehn Sequenzen wird die Kulturgeschichte
einer Region entfaltet, die maßgeblichen Einfluss nicht nur
auf die Kulturentwicklung des Orients hatte. 22 Relikte der 3.000
Jahre alten Kulturgeschichte wurden als Weltkulturerbe ausgezeichnet.
Dies belegt eindrucksvoll die Bedeutung des Iran als Schatztruhe
des Orients.
Iran - Schatzkammer des Orients
Wenn
auch die Präsentation entlang einer ideellen Reiseroute folgt,
sind die jeweiligen Kapitel in ideengeschichtliche Kontexte eingebunden.
Es werden Einblicke gegeben in die vorislamische Periode, den Zoroastrismus,
in das antike Reich der Perser (Achamäniden - 685 bis 330 v.
Chr), der Sassaniden (224 bis 651), der letzten vorislamischen Dynastie
Persiens und in die frühislamische sowie die islamische Zeit
(Safawiden 1501 bis 1722, Kadscharen 1779-1925). Es werden jedoch
nicht nur die erhaltenen Paläste und Moscheen gezeigt, der
Blick ist auch gerichtet auf die Alltagswelt und die Besonderheiten
von Minderheiten (Armenier, Aserbaidschaner). In vielen Teilen des
Landes sind Elemente der traditionalen Kultur erhalten geblieben,
so z.B. auch die beispiellose Freundlichkeit gegenüber Fremden.
1
Paradies: In Shahar Yeri befinden sich die ältesten Spuren
der Urgeschichte von Persien. Vermutet wird, dass es sich um eine
matriarchalische Kultur handelte. Eindrucksvoll sind die erhaltenen
Kopfstelen. Weite Teile des Landes sind von wüstenähnlichen
Strukturen geprägt. Am Rande einer Wüste errichtete ein
Bauer aufgrund einer nächtlichen Vision eine skurille Landschaftsskulptur
aus toten Bäumen und in den Ästen hängenden Felsbrocken.
In dieser kargen Landschaft hatten fruchtbare Gebiete (Oasen) eine
besondere Bedeutung. Daher wundert es nicht, dass Gärten mit
viel Wasser als Paradies bezeichnet wurden (paairi daezi - eingezäunte
Fläche). In Bagh-e-Kolshan befindet sich einer von vielen Gärten,
die im "chahar bagh" Stil errichtet sind. Dieser altiranische
Gartentyp wurde zum Vorbild der Paradiesdarstellungen in der Bibel
und im Koran..
2 Osten: Beeindruckend sind sowohl die imposanten Lehmburgen in
Bam, Meybod und Rayen, als auch die Lehmdörfer Nayband, Deyhuk
und Bayazeeh in den Oasen am Rande der Wüste Dascht-e Lut im
östlichen Teil des Landes. Sie vermitteln eine archaische Kraft
und geben Einblick in das Leben in der vorislamischen Zeit. In Nayband
begrüßten uns die Einheimischen mit Brot und Salz, eine
uralte Geste der Gastfreundschaft. Karanaq, eine verlassene Lehmstadt,
umrahmt von hohen Bergen, verkörpert am eindrucksvollsten die
Lebenswelt der Karawanenkultur, deren wichtigsten Gebäude die
Karawansereien waren. In Jandaq und Damghan lässt sich erkennen
wie in der frühislamischen Zeit mit einfachsten Mitteln Moscheen
gebaut wurden.
3
Zoroastrismus: Im Iran befinden sich die Wurzel des Zoroastrismus,
die so genannten Feueranbeter. Grundzüge dieser von Zarathustra
begründeten Religion finden sich beim jüdischen, dem christlichen
und dem moslemischen Glauben. In Yazd (Süden) befinden sich
die eindrucksvollsten Türm des Schweigens, die den Zoroastriern
als Stätten für Himmelbestattungen dienen. In Yazd befindet
sich zugleich einer der wenigen aktuellen Feuertempeln. Er wurde
1934 auf einem Grundstück indischer Parsen (ethnisch-religiöse
Gruppe) errichtet. In ChackChack, das versteckt in einem östlich
von Yazd gelegenen Gebirgszug liegt, brennt die heilige Flamme seit
Jahrhunderten. Drei Flammen symbolisieren die Grundsätze der
Lehre von Zarathustra, "gutes Denken, gutes Reden und gutes
Handeln". Tausende von Anhängern pilgerten in früheren
Jahrhunderten im Juni hierher. Aktuell leben im Iran noch etwa 20.000
Zoroastrier. Das Hauptheiligtum und wichtigste Stätte des Zoroastrismus
in der Antike (Zeit der Sassaniden) war Takht-e Soleyman, das in
der nordwestlich gelegenen iranischen Provinz West-Aserbaidschan
liegt. Die Bedeutung des Ortes steht im Zusammenhang mit dessen
starker symbolischen und spirituellen Bedeutung im Zusammenhang
mit Feuer und Wasser.
4
Antike: Nördlich von Shiraz liegen die Überreste der imposanten
Palaststadt Persepolis, die 330 v. Chr. von den Truppen von Alexander
dem Großen zerstört wurde Das Glanzlicht der altpersischen
Kultur der Achämeniden ist bis heute ein Identifikationsort
für viele Iraner. Die Ruinen vermitteln eindringlich den Glanz
der persischen Antike. Eindringlich wirken die großartig gestalteten
Reliefs. Dargestellt werden Soldaten, hohe Würdenträger
sowie Wagenlenker und an Zügeln geführte Pferde. Bei den
Aufgängen zur Audienzhalle sind in langen Reihen die Delegationen
von 23 Völkern zu sehen. An der Tracht sowie den typischen
Gesten und Waffen lassen sich Ägypter, Griechen, Meder, Skythen,
Babylonier, Araber und Inder identifizieren. Ebenso beeindruckend
sind die Grabheiligtümer der achämenidischen Großkönige
in Naqsh-e Rostam und die sassanidischen Felsreliefs. Im Süden,
in der Nähe von Shiraz liegt Firuzabad. Die Residenzstadt wurde
224 n.Chr. durch Ardaschir I., dem Begründer des Sassanidenreiches,
gegründet. Die Ruinen bezeugen einen monumentalen Palast. Mehr
als vier Jahrhunderte war das zweite persische Großreich der
Antike ein Rivale des Römischen bzw. Oströmischen Reichs
im Vorderen Orient.
|
|
|
|
5
Armenische Kultur: Die Großreiche der Perser haben immer wieder
auch Völker unterworfen und in ihr Gebiet integriert oder Menschen
umgesiedelt, so auch die Armenier. Noch heute leben 150.000 Armenier
mit christlichem Glauben im Staatsgebiet des Iran. Während
der Herrschaft der Achämeniden bildete Armenien eine Provinz
Persiens (Satrape). Eine der Provinzen im alten Großarmenien
hieß Nor Schirakan. Dieses Gebiet wurde von den Persern im
Laufe der Geschichte annektiert, es liegt jetzt im Nordwesten des
heutigen Iran. Zwischen 1603 und 1605 siedelte Schah Abbas I. (Safawidenzeit)
Armenier, die Bewohner der Stadt Dschulfa, in Isfahan an. Sie sollten
mit ihrer Kunstfertigkeit die Rolle Persiens im Handel zwischen
Osten und Westen verbessern. In der Zeit der Kadscharen konnten
sich Armenier in iranischen Städten wie Tabriz, Qazwin, Hamadan
Rascht und Teheran niederlassen. Im Nordwesten (St. Taddäus,
St. Stephan) erinnern grandiose Basiliken an die frühe Besiedlung
der Armenier, in Isfahan gibt es bis heute eine christliche Gemeinde.
Die Architektur der Vank-Kathedrale spiegelt die wechselhafte Geschichte
der Armenier. Grandios sind die Malereien im Innenraum. l.
6
Aserbaidschanische Kultur: Auch der Nordwesten gehört nicht
zum ursprünglichen Siedlungsgebiet der Perser. Soziokulturell
gehört dieses Gebiet zu Aserbaidschan. Das Gebiet war jedoch
immer umkämpft und wurde von vielen unterschiedlichen Herrschern
dominiert, meist stand es unter persischer Herrschaft. Gleichwohl
entwickelte sich in diesem Gebiet zwischen dem 13. Und 17. Jahrhundert
eine bedeutende Architektur und Kunst (Kalligraphie, Miniaturmalerei),
die weite Teile des Orients beeinflusst haben. Ein Höhepunkt
befindet sich in Sultaniya mit dem Mausoleum Oldjaytu. Vor allem
in Täbris und Ardebil zeugen Moscheen, Mausoleen, Festungsanlagen
von dem originellen Kunstverständnis des "Täbrizer
Stils". Nach den russisch-persischen Kriegen (1804, 1828) kam
es zu der bis heute gültigen Aufteilung von Aserbaidschan.
In Qazwin, das zwischen 1548 bis 1598 Hauptstadt des Safawiden-Reichs
war, begegnen sich die persische und die aserbaidschanische Kultur.
In dieser Provinz befindet sich auch die auf steilem Felsen gelegene
Burg von Babak Qorramdin, der zwischen 798 und 838 als Anführer
der Khuramitten gegen die arabischen Eroberer kämpfte. Ursprüngliche
Lebenswelten lassen in dieser Region am eindringlichsten in dem
Felsendorf Khandovan erleben Sünden.
7
Mausoleen: Zu Beginn dieser Sequenz wird die architektonische Besonderheit
der Architektur bei den Schiiten erläutert. Neben Moscheen
und Medressen (Koranschulen) werden von den muslemischen Gläubigen
im Iran vor allem Mausoleen geehrt und gelten als Kultorte und Pilgerstätten.
Bei Mausoleen handelt es sich um monumentale Grabmäler in Gebäudeform.
Verehrt werden berühmte oder als "heilig" geltende
muslimische Persönlichkeiten. Oft steht die Verehrung im Zusammenhang
mit früheren religiösen Glaubensvorstellungen (Volksglauben).
Werden Nachkommen von einem Imam verehrt werden, werden diese Orte
mit Imamzadeh bezeichnet (Grabmal eines Imam-Nachkommen). In Qom,
der heiligen Stadt Irans, wird das Grab von Fatima Masuma, der 817
verstorbenen Tochter der 7. Schwester des 8. Imams verehrt. In Qazvin
befindet sich die Grabmoschee eines Sohnes des 8. Imam. Einzigartig
ist architektonische Gestaltung der Shirazi Kuppel des Mausoleums
von Ali ibn Hamzeh in Shiraz, Enkel des 4. Imam. In Mahan befindet
sich die Grabstätte des Sufiordensgründers Nemat Ollah-e
Vali. Der ästhetische Höhepunkt des Täbriz-Stils
ist im Grabheiligtum des Safi ad-Din in Ardabil zu bewundern.
8
Shiraz: Zu Beginn Sequenz 8: Der Bagh-e Eram gehört zu den
faszinierenden Gartenanlage im Iran. Der ursprünglich in Shiraz
für Fürsten und Könige errichtet Garten findet heute
als botanischer Garten Verwendung. Die Poesie des Dichters Hafiz
aus dem 14. Jahrhundert, der auch Goethe beeinflusst hat, wird bis
heute geehrt. Ebenso ist das Grab des Dichters Sa'di (1184-1292)
ein Ort der Begegnung der Generationen. Bewahrt hat sich in Form
eines Museums auch die alte Badekultur im Hamm?m-e Vakil. Teilweise
wurden sie, wie auch einige Karawansereien, zu Restaurants umgebaut.
Nur noch in wenigen Orte werden Veranstaltungen des früher
im Iran beliebten Kampfsport "Zurchaneh" durchgeführt.
Unverändert ursprünglich sind die orientalischen farbenfrohen
Basare, das kann man vor allem im Vakil-Basar von Shiraz erleben.
Die Moschee Nasir ol Molk, gebaut während der Kadscharenzeit,
wird auch als rosafarbene Moschee bezeichnet, da beim Bau der Moschee
speziell gefärbte rosafarbene Kacheln beziehungsweise Fensterglas
verwendet wurde. Die Licht- und Schattenwirkung des Inneren des
Wintergebetsraumes verändert sich jeweils nach dem Sonnenstand,
sie ist einzigartig und eindrucksvoll. Sobald das Sonnenlicht die
Glasmalerei durchflutet, wird der Raum von Farben überflutet.
Aber auch der große Gebetsraum hinterlässt durch die
klaren Strukturen eine magische Wirkung.
9
Isfahan: Die Safawiden (1501 bis 1722) etablierten den schiitischen
Islam als Staatsreligion. Während ihrer Regierungszeit entstanden
prachtvollen Palastanlagen, die Paradiesgärten von Kashan und
viele Moscheen. In Isfahan veränderte Schah Abbas I die Stadtentwicklung
und gab der gesamten Stadt ein imperiales Erscheinungsbild. Markante
Monumente entstanden, wie z.B. der Tschehel Sotun (Vierzigsäulenpalast),
die Scheich Lotfollah Moschee von 1603 und der Hascht-Behescht-Palast.
Auch die Ch?dschu- und die Si-o-se Pol-Brücke entstanden in
dieser Zeit. Heute sind sie wichtige Treffpunkte vor allem der jugendlichen
Bevölkerung. Unter den Brücken spielen Jugendliche Gitarre
und singen Volkslieder. Sie gehen das Risiko ein von der Sittenpolizei
verhaftet zu werden, da öffentliche Musik verboten ist.
Der Einfluss der Kadscharen-Dynastie (1779-1925) lässt sich
sehr gut in Kashan sehen. Einer der berühmtesten iranischen
Gärten des Iran, der Bag-e Fin (Fin-Garten), der von Schah
Abbas entworfen wurde, wurde von den Kadscharen umgestaltet. Herrschaftliche
Häuser wurden in dieser Zeit errichtet, besonders attraktiv
ist das Haus der Tabatabayi-Familie (1840) und das Haus der Familie
Borudscherdi (1857). Im Kontrast zu den herrschaftlichen Häusern
wird das rote Bergdorf Abyaneh vorgestellt. Steile Wege und schmale
Gassen führen durch das Dorf. Die Häuser sind traditionell
aus einem Fachwerkgefüge von Bauholz, Lehmziegeln und Stroh
gebaut. Verzierungen und eingravierte Gedichte verzieren die Türen
der Häuser. Die lokale Tracht der Einheimischen basiert auf
einem Kleidungsstil, den es schon in der Antike gab. Trotz vieler
Änderungsversuche haben die Einheimischen sich diese Tradition
bewahrt.
10
Ashura:
Aktuell durchdringt die moslemische Religion der Schiiten fast jeden
Aspekt des sozialen Lebens. Ein ausdrucksstarker Eindruck der Frömmigkeit
der Iraner zeigt sich bei der Zeremonie des Ashura-Festes, bei dem
die leidvolle Geschichte von Hussein, dem dritten Iman, reinszeniert
wird. Die Rituale erinnern an die Schlacht von Kerbela (680) in
der Hussein, der Enkel des Propheten, als Märtyrer starb. Damit
scheiterte die schiitische Hoffnung, ihren dritten Imam als Oberhaupt
der islamischen Gemeinde einzusetzen. Seither gibt es die Trennung
zwischen Sunniten und Schiiten. Imam Hussein gilt in Iran als der
Schutzengel der Unterdrückten, daher gilt Aschura auch als
ein symbolisierter Widerstand gegen Unterdrückung. Die übermäßige
Begeisterung bzw. Verzückung der Agierenden gibt tiefen Einblick
in die Sehnsuchtshorizonte der Agierenden, das ist beeindruckend
und irritierend zugleich.
|