Hundert Millionen Menschen in China, das sind ca. 8 % der Bevölkerung, gehören zu den 55 anerkannten Minderheiten. Ihr traditionelles Staatsgebiet erstreckt sich über mehr als 60 % des Staatsgebiets der Volksrepublik China. Die Mehrzahl dieser Minderheiten wohnt im Süden, Norden und im Westen von China. Nachdem diese Völker lange Jahre nur beschränkt ihre Traditionen und religiöse Brauchtümer leben konnten, lässt sich in den letzten Jahren eine Trendwende beobachten. Die kulturellen und heiligen Stätten werden restauriert und die religiösen Empfindungen toleriert, wenn die Hoheitsrechte der chinesischen Regierung nicht angezweifelt werden. Nur bei den Uiguren und bei den Tibetern sind aktuell politische "Spannungen" zu beobachten. Da in den Gebieten einiger Minderheiten - wohl nicht ganz zufällig - die Moderne bisher (fast) keinen Einfluss hatte, erlaubt eine Reise zu den Kulturvölkern Chinas ganz außergewöhnliche Einblicke in die Vielfalt asiatischer Kulturen. Beispielhaft werden in der Multivisionsschau die Kultur und der Lebensalltag einige Völker vorgestellt.

Minderheiten in C H I N A

Die moslemischen Huis leben in vielen Gebieten Chinas. Der Schwerpunkt ihrer Ansiedlung liegt im autonomen Gebiet Ninxia. Obwohl ihr Population inzwischen mehr als 10. Mio. ist, gehören werden sie in der Regel keinem der anderen großen islamischen Völkern zugeordnet. Seit der Quing-Dynastie galt das Wort "Hui" als Oberbegriff für chinesischsprachige Muslims. Hinsichtlich der Herkunft und der Geschichte unterscheiden sie die unterschiedlichen Hui-Gruppen erheblich. Der größte Teil stammt vermutlich von zentralasiatischen Siedlern ab. Meist sind sie Händler oder Dienstleister, wie z.B. Metzger. In der letzten Funktion leben sie auch in Tibet, da dort die Einheimischen aus Glaubensgründen keine Tiere töten. Die Hui-Nationalität hat ein relativ hohes wirtschaftliches und kulturelles Niveau. Ihr moslemischer Glaube unterliegt starken Einflüssen von zentralasiatischen Schulen. Aber es gibt auch Gruppen, die taoistische und konfuzianische Lehren in ihr Glaubenssystem integriert haben.

Die Uiguren leben in Westen. Sie sind das größte turkmenische Volk in China. Ursprünglich lebten sie im Altajgebirge in Südsibirien und in der Mongolei. Heute siedeln sie vor allem in der autonomen Republik Xinjiang (Ostturkestan). Ihre Population besteht aus ca. 8,8 Mio. Menschen. Dort folgten sie einem schamanistischen Glauben. Die Spuren dieses Glaubens sind heute noch zu sehen, so z.B. auf den Friedhöfen. Aber bereits im 13. JH sind die Uiguren zum moslemischen Glauben konvertiert. In ihrem Gebiet liegt die legendäre Seidenstrasse. Die traditionelle Lebensweise der ursprünglich nomadisch lebenden Uiguren lässt sich am schönsten sehen, wenn man zum 2.000 m hoch gelegenen Himmelsee fährt, der vom Tianshangebirge eingerahmt wird. Hier ist die Landschaft vergleichbar der südsibirischen Urheimat. Kashgar ist die Stadt am Rande der Taklamakanwüste, wo die uigurische Stadtkultur noch erhalten ist. Der Besuch des Basars und des Marktes von Kashgar hinterlässt den Eindruck als ob die Zeit stehen geblieben sei. Hier gibt es noch die Chance die Kultur der Seidenstraße authentisch zu erleben. Aber der kürzlich beendete Bau einer Eisenbahn läst befürchten, dass dieser Stadt das gleiche Schicksal blüht wie der Hauptstadt Urumqui. Hier sind die Uiguren durch Umsiedlung längst zu einer Minderheit im eigenen Land geworden. Die zunehmende Überfremdung des Landes durch Han-Chinesen ist einer der Gründe weshalb es immer wieder zu politischen Spannungen kommt.

Die Proteste der Tibeter in verschiedenen Landesteilen, haben das Los dieser "Minderheit" in China in das Bewusstsein der Weltbevölkerung gerückt. Während die Chinesen darauf beharren, dass Tibet schon immer zu China gehörte, leben die Tibeter Wert darauf, dass sie in den Fünfziger Jahren durch Gewalt in das chinesische Staatsgebiet integriert wurden. Die Tibeter leben in der autonomen Provinz Tibet (knapp die Hälfte des ursprünglichen Staatsgebiets) und in den tibetischen Provinzen U-Tsang, Kham und Amdo, die bereits zu Begin des 20. Jahrhunderts in die chinesischen Provinzen Sichuan, Yunnan, Quinghai und Gansu. eingegliedert. Beim letzten Zensus betrug ihre Population ca. 5,5 Mio. Menschen. Die mehrheitlich lamaistisch geprägte buddhistische Kultur Tibets ist einzigartig und ein beispielloses Kulturerbe der Welt. Nicht nur in Lhasa, sondern auch in Samye, Ganden, Sakya und Shigatse zeugen die Klöster vom tiefen Glauben der Tibeter. Ein fotografischer Streifzug durch die unterschiedlichen Landschaften belegt, dass die autonome Provinz Tibet nicht nur aus einer Hochebene und hohen Bergen besteht, sondern auch geprägt ist von tiefen Schluchten, wüstenartigen Gebieten, reisenden Flüssen und steilen Berghängen besteht. Für die Tibeter ist ihr Land ein heiliger Kosmos, eine Landschaft voller Orte mit ritueller und mystischer Bedeutung.

Die Tu-Minderheit (Population: 240.000) wohnt vor allem in der Prinvinzen Qinghai und Gansu. Sie haben eine eigene Sprache, aber keine eigene Schrift. Sie sind Anhänger des Lamaismus, ursprünglich bildete der Schamanismus das religiöse Leitbild. Ethnisch gesehen sind die Tu Mongolen. Die Frauen ziehen gern an der Seite geknöpfte Jacken an, deren Ärmel aus 5 verschiedenen Baumwollstoffen gefertigt sind. Bei ihren traditionellen Festen schweben mit Hilfe eines Karussels durch die Luft.

In Yunnan leben viele Minderheiten, die noch weitgehend ihre traditionale Kultur bewahrt haben. Im Süden dieser Provinz leben die Hani (Hauptstamm: Akha), die einem aministischen Glauben folgen. Die von ihnen angelegten Reisterassen gehören zu den eindrucksvollsten Kulturlandschaften Chinas. Nach der letzten Volkszählung im Jahr 2000 zählen sie 1.4 Mio. Menschen. Die Hani-Sprache gehört zum Yi-Sprachzweig der tibeto-birmanischen Sprachgruppe und ist nahe verwandt mit der Sprache der Yi. Vor der Gründung der Volksrepublik China im Jahr 1949 hatten die Hani keine eigene Schrift. In manchen Gebieten der Hani benutzten sie noch Kerbzeichen oder die Knotenschrift.

Die Yi-Nationalität, deren Frauen riesige schwarze Hüte tragen, hat 7,7 Millionen Angehörige. Sie hat eine eigene Sprache und lebt vor allem in den Provinzen Yunnan, Sichuan und Guangxi. Im 13. Jahrhundert entwickelte sich eine eigene piktographische Schrift. 1974/75 wurde eine vereinfachte Silbenschrift eingeführt. Der Ursprung des Yis liegt im Volk der Qiang, die auch als Ahnen der Tibeter und Naxi gelten. Erst nach der Gründung der Volksrepublik China im Jahre 1949 wurde bei den Yi's die Sklaverei abgeschafft. Bis zu diesem Zeitpunkt dominierte bei ihnen eine polytheistische Urreligion (Schamanismus).

Im Norden von Yunnan, am lieblichen Lugo-See, wohnen die Mosuo, die noch eine matriarchalische Gesellschaftsordnung haben. Offiziell werden sie zu den NAxi zugeordnet. Trotz ihres Bemühens erhält ihre eigenständige Kultur nicht den Satus der "Minderheit". Lange Jahre waren sie aufgrund der schlechten Straßenverhältnisse und dem abgelegenen Lebensgebiet von der Entwicklung in China abgekoppelt. Dies dürfte eine der Gründe sein, dass sich hier eines der letzten Matriarchate gehalten hat. Die Mosuos leben in einer Großfamilie, die von einer Matriarchalin geleitet wird. Die Erbfolge verläuft über die mütterliche Linie. Wenn Mädchen als Frau initiiert wurden, erhalten Sie ein eigenes Zimmer. Ab diesem Zeitpunkt dürfen sie von Männern besucht werden, dies wird Besuchs-Ehe genannt. Am nächsten morgen gehen die Männer wieder zurück in ihre Großfamilie. Wenn eine Beziehung brüchig geworden ist, kann jederzeit eine Partnerschaft gewechselt werden. Bei den Mosuos gibt es keinen individuellen Besitz, Gewalt ist unbekannt. Zwei Religionen prägen die Mosuos. Einerseits sind sie dem Dabaismus verpflichtet, einer eher animistischen Religion, andererseits sind sie beeinflusst vom tibetischen Lamaismus.

Im Gebiet von Dali und Lijang leben die Naxi, die von einer animistisch-schamanistischen Religion geprägt sind, der Dongba-Kultur. Beim letzten Zensus wurden ca. 309.000 Naxi gezählt. Diese Kultur ist besonders geheimnisvoll. Die von ihr hervorgebrachte Bilderschrift ist älter als die chinesische Schrift. Auch hier liegen die Ursprünge des Volkes im Norden, vermutlich in der Mongolei. Das so genannte Siebengestirn, ein Kleidungsstück, das alle Frauen tragen, symbolisiert ein Sternengebilde, das in die Richtung auf die Ursprungsheimat verweist. Neben der Bilderschrift und einer komplexen, eigenständigen schamanistischen Religion, die versetzt ist mit Elementen aus dem Daoismus und dem Lamaismus, beeindruckt bei dieser Kultur die traditionelle Musik. Ein Konzert in Lijiang, dem Venedig von China, einer der letzten erhaltenen Städte chinesischer Architektur, gibt tiefe Einblicke in die Lebenskultur der Naxis.

Bei dieser Diaschau werden die besonderen Aspekte von Minderheiten in China, deren Lebens- und Alltagskultur hervorgehoben. Es werden aber spektakuläre Landschaften gezeigt. Das Ausgangsmaterial stammt von den Produktionen "China-Seidenstraße", "China - diesseits und jenseits der großen Mauer" und "Tibet - wo der Himmel die Erde berührt". Die Besonderheiten der jeweiligen Kulturen werden bei dieser Schau besonders hervorgehoben. Wie bei den erwähnten Produktionen wird der Life-Vortrag durch professionelle Multivisionstechnik unterstützt. Passagen, bei denen Bilder zu Klängen und Klänge zu Bildern werden, machen den Vortrag auch zu einer inneren Reise.

 
zurück